WP-I1 Modul für Städtische Luftqualität

Projektziele:

Luftverschmutzung und Hitzestress sind die beiden wichtigsten Umweltprobleme für die Menschen in den Städten, die zu einer erhöhten Krankheitslast und letztlich zu einem vorzeitigen Tod führen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) schätzt, dass allein die Luftverschmutzung jährlich für sieben Millionen vorzeitige Todesfälle weltweit verantwortlich ist. Der politische Rahmen für die Luftqualität und die daraus resultierenden Strategien zur Minderung der Luftverschmutzung spielen eine entscheidende Rolle bei der Verbesserung der Luftqualität in städtischen Gebieten.

Daher ist die Bewertung der aktuellen lokalen Luftverschmutzungsminderungsmaßnahmen eine der zentralen Anwendungen von PALM-4U, die große wissenschaftliche und politische Aufmerksamkeit erhält. Die chemische Modellierung ist in vielerlei Hinsicht komplexer als die Modellierung der städtischen Meteorologie, da die Chemie von mehr Variablen (einschließlich in Raum und Zeit stark schwankender Emissionen) und Prozessen abhängt. Auch die Bewertung ist schwieriger, da chemische Prozesse weniger gut verstanden werden als physikalische Grundlagen (d.h. die Fähigkeiten der meteorologischen Modelle sind besser als die der Chemie). Relevante Luftschadstoffe sind Stickoxide (NOx), Ozon (O3), anthropogene und biogene organische Verbindungen sowie Aerosole, die komplexe Gemische aus groben (< 10 μm), feinen (< 2,5 μm) und ultrafeinen (< 0,1 μm) Primär- und Sekundärpartikeln. Die Aerosolzusammensetzung (z.B. Ruß) und die Wasseraufnahme sind die Schlüsselvariablen für zukünftige Untersuchungen des städtischen Strahlungshaushalts und der Wolken-/Regenbildung.

In der ersten Phase von MOSAIK wurde PALM um ein Modul für atmosphärische Gasphasenchemie erweitert, um luftqualitätsbezogene Studien mit PALM-4U zu ermöglichen. Obwohl bereits in der Vergangenheit Studien mit Chemie im Rahmen der Large-Eddy-Simulation (LES) durchgeführt wurden, ist PALM-4U das erste LES-Modell, das die chemische Umwandlung, Advektion und Ablagerung von Luftschadstoffen für größere und realistisch geformte städtische Gebiete simulieren kann (siehe Abbildung 1 und Abbildung 2 unten). Die auf dem KPP-Präprozessor basierende Implementierung ermöglicht die flexible Erzeugung und Auswahl von chemischen Mechanismen in der Gasphase (siehe Abbildung 3). Darüber hinaus wurden in PALM-4U im Rahmen der MOSAIK-Phase 1 trockene Depositionsprozesse und Module für die Photolyse und den Input von Emissionen implementiert. Das Ziel im Rahmen von MOSAIK II ist die Verbesserung des städtischen Chemiemoduls in Bezug auf biogene Emissionen, eine verbesserte Aerosolbeschreibung einschließlich ultrafeiner Partikel, Pollenemissionen und -transport sowie fortgeschrittene Emissionen und nasse Deposition von Schadstoffen.

Abbildung 1: Vorläufige Ergebnisse des Chemiemoduls für ein LES eines Tagesgangs für ein Gebiet um den Ernst-Reuter-Platz in Berlin, Deutschland. Berücksichtigt wurden ausschließlich Verkehrsemissionen, die in Abhängigkeit von den Straßentypenklassen aus OpenStreetMap? parametrisiert wurden. Gezeigt sind exemplarisch instantane xy-Schnitte von (a) NO2 und (d) O3 um 1330 UTC sowie yz-Schnitte (b)-(c) NO2 und (e)-(f) O3 während der Nacht (0530 UTC, (b) und (e)) und am Nachmittag (1330 UTC, (c) und (f)), zusammen mit der vertikalen Geschwindigkeit als Höhenlinien. Die Linie a' in (a) gibt den Ort an, an dem die yz-Schnitte aufgenommen wurden (Abbildung aus Maronga et al., 2019).

Abbildung 2: Horizontale Querschnitte der oberflächennahen NO2-Konzentration am 21. Juli 2013, um 1700 MEZ, für das Gebiet um den Ernst-Reuter-Platz, Berlin, Deutschland, basierend auf drei verschiedenen chemischen Mechanismen: PHSTAT (links), SMOG (Mitte), CBM4 (rechts).

Abbildung 3: CPU-Zeitbedarf für einen PALM-Lauf unter Verwendung der verschiedenen bereitgestellten Mechanismen (in den entsprechenden Farben unter der Grafik aufgeführt) im Vergleich zu einem reinen Meteorologie-Lauf. Die Balken im Vordergrund zeigen die Anstiegszeit, wenn nur der Transport der chemischen Verbindungen betrachtet wird.

Aufgabenstellung:

WP-I1.1: Beschreibung der BVOC-bezogenen Prozesse

WP-I1.2: Beschreibung von Pollenemissionen, atmosphärischem Transport und Ablagerung

WP-I1.3: Untersuchung der Machbarkeit der Verwendung der PALM-4U-Ausgabe zur Quantifizierung städtischer Treibhausgasbudgets

WP-I1.4: Erweiterung der Emissionsbeschreibung, der Optionen und der Handhabung zur Verwendung in idealisierten Studien

WP-I1.5 Erweiterte Aerosolbeschreibung für PALM-4U

WP-I1.6: Nasse Deposition

WP-I1.7: Modellbewertung und Code-Optimierung

WP-I1.8: Unterstützung für neue PALM-4U-Benutzer

Projektstruktur:

Dieses WP wird vom KIT und der FU Berlin in enger Zusammenarbeit mit der LUH durchgeführt.

Zu liefernde Ergebnisse:

DL1: Implementierung von BVOC-Emissionen, -Transport und chemischer Mechnismen

DL2: Einbeziehung von vorgegebenen Emissionen aus häuslichen Heizungen sowie Standardpunktquelleninformationen

DL3: Implementierung von Pollenemission, -transport und deren Deposition

DL4: UFP-Größenanteile und Koagulationsverlustfunktionen in PALM-4U

DL5: Arbeitsablauf für umgekehrte Modelllierung von CO2-Emissionen

DL6: Nasse Deposition in PALM-4U

DL7: Optimierung und Evaluierung der Codes neuer Komponenten

Bisheriger Fortschritt:

Wir haben einen Beitrag zur Publikation, welche die Implementierung des Chemiemodells in das PALM-Modellsystem 6.0 beschreibt, erstellt (Khan, et al., 2021). Dabei wurde eine Fallstudie, die vier unterschiedliche chemische Mechanismen vergleicht, mit einbezogen.

Abbildung 4: Simulierte Emissionen von bodennahem Stickstoffdioxid (a) und Ozon (b) um 09:00 CEST am 17. Juli 2017 für einen 6,7 km x 6,7 km großen Ausschnitt von Berlin um den Ernst-Reuter-Platz herum. Die Simulation wurde mit dem Chemiemechanismus CBM4 und einem horizontalem Gitter von 10 m durchgeführt

Die Entwicklung des Modells für biogene VOC-Emissionen ist sowie der Transport und Deposition ist abgeschlossen (WP-I1.1).

Die Architektur für die Entwicklung eines neues Moduls für die Einführung von Volumenquellen verschiedener Emissionssektoren oder Moden, wie zum Beispiel Heizungen, Flugverkehr und biogene Emissionen, wird in Abbildung 5 dargestellt (WP-I1.4).

Figure 5:Architektur des neuen Moduls für die verallgemeinerten Volumenquellen, z.B. hier für Vekehrsemissionen oder biogene Emissionen.

Hinzugefügt wurde ein Modul zur Modellierung der Bildung von sekundären anorganischen Aerosolen anhand der aerosolthermodynamischen Gleichgewichtsmodelle ISORROPIA bzw. ISORROPIA II. Die Aerosoloption kann in PALM-4U von der namelist aus aktiviert und gesteuert werden.

Ein Modul zur Modellierung von Hausbrandemissionen von Wohn- und Bürogebäuden, basierend auf der Arbeit von Struschka und Li (2019) (dem Bericht zu einem Unterauftrag aus MOSAIK Phase 1) sowie ein Modul zur Modellierung parametrisierter Emissionen aus Punktquellen aus dem Europäischen Schadstofffreisetzungs- und -verbrennungsregister (European Pollutant Reslease and Transfer Register; E-PRTR) sowie aus GRETA (Gridding Emission Tool for ArcGIS; GRETA) vom UBA wurden fertig gestellt.

Ein Python-basierter dynamischer Treiber wurde entwickelt um realistische mesoskalige Antriebe aus WRF-Ausgabedaten für PALM-4U zur Verfügung zu stellen. Ein Journalartikel, Lin et al. (2020), wurde für die Publikation in Geoscientific Model Development angenommen (WP-I1.7). Darüber hinaus ist die Implementierung eines Moduls zur Modellierung von Emissionen allgemeiner Quellen, um Emissionsinput per NetCDF-Datei von bisher nicht berücksichtigten Emissionssektoren zu ermöglichen abgeschlossen.

Mit dem verfügbaren nco-cdo-basierten Werkzeug werden die Ausgaben von WRF-Chem verwendet um einen mesoskaligen Chemieantrieb für PALM-4U-Chemiesimulationen zu erstellen (WP-I1.7).

Eine Publikation zur umfassenden Evaluierung des Chemiemodells in PALM-4U ist in Vorbereitung. Zu diesem Zweck wurden genestete Modellläufe für verschiedene Domänen aufgesetzt (ein Beispiel wird in Abbildung 7 gezeigt), welche auf Basis verfügbarer Messdaten evaluiert werden (WP-I1.7).

Figure 7:Genestete PALM-Simulation. Die Elterndomäne (linkes Panel, Gitterauflösung 10m) und Tochterdomäne (rechtes Panel, Gitterauflösung 1m)

Die Entwicklung eines Pollenemissionsmodells ist im Gange.

Der Abschattungseffekt wurde in das Photolyse-Schema integriert.

Die Machbarkeitsstudie und der Arbeitsablauf zur Implementierung der Inversion der säulenintegrierten Konzentration des CO2-Budgets für die Stadt Berlin (WP-I1.3) wurde durchgeführt.

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Kontaktdaten:

matthias.mauder[at]kit.edu,

renate.forkel[at]kit.edu,

sabine.banzhaf[at]met.fu-berlin.de

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